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BALKAN 2012

Schon wieder der Balkan?
Ja, denn mit der Tour 2010 hatte ich ich erst einen kleinen Einblick in diese vielfältige, interessante Region erhalten, die bei uns meistens durch negative Schlagzeilen in den Sensation-Medien Bekanntheit „geniesst“.
Und mit Lust auf Neues startete ich am 27 August 2012 diese Tour auf einer neuen Route deshalb im italienischen Udine: durch Slowenien, Kroatien, Bosnien, Montenegro, Albanien und das nördliche Griechenland bis Thessaloniki.

26 Reise-Etappen, 2’570 km mit 20’200 Höhenmetern, 143 Stunden im Sattel
– und auch dieses Mal wieder mit einer Fülle von neuen, bleibenden Eindrücken und dem Fazit: Das würde ich jederzeit nochmals machen!

 Übersicht

Übersicht

Zu den vollständigen Bildern:

Slowenien: Album Slowenien

Kroatien     Album Kratien                       

Bosnien-Herzegowina   Album Bosnien

Montenegro    Album Montenegro

Albanien      Album Albanien

Griechenland   Album Griechenland

und die Routenübersicht im Detail:          Route 2012

Auf Umwegen von Udine nach Thessaloniki

27.August – 28. September 2012

27.August          Zürich – München – Udine            (Bahn)

Da eine direkte Bahnverbindung ab Milano oder Venedig  nur mit Regionalzug möglich wäre, wähle ich den Nachtzug München-Zagreb mit Wagen, die ab Salzburg nach Venedig geführt werden und erreiche so um 06.30 Uhr das nur 55 km von der slowenischen Grenze entfernte Udine

28. August            Udine – Kobarid                       ( 78 km,  300 Hm )

Velo reisefertig machen, Espresso mit Brioche in einer kleinen Bar, eine kleine Sightseeing-Runde in der erst erwachenden Stadt und es geht los.

die Soca bei Kobarid

die Soca bei Kobarid

Erster Zwischenhalt im schönen Städtchen Cividale, und nach wenigen Kilometern geht es aus der Ebene des Tagliamento in die Ausfüllen der Julischen Alpen. Von der Grenze im engen Tal des wilden Natisone zeugen nur noch die verlassenen Zollstationen und der Name des Flusses, der nun Nadiza heisst. Nach einem kühlen Bad in diesem glasklaren Wasser neigt sich das nun breite Tal ostwärts gegen die Soda . In Kobarid beziehe ich für umgerechnet 25 Euro ein gutes Zimmer und nutze den restlichen Nachmittag für einem Abstecher zum Kozjak-Wasserfall. Die wilde Soca ist in diesem Gebiet beliebtes Kajak- Gewässer und seine Umgebung ein lohnende Ausflugsgebiet für Wanderer und Sportler jeder Art. Kaum etwas erinnert noch an die kriegerischen Ereignisse vor beinahe 100 Jahren, als im 1.Weltkrieg in dieser Gegend monatelang um Übergänge und Gipfel gekämpft wurde und in den insgesamt 15 Isonzo-Schlachten (Isonzo = Soca) Hunderttausende letztlich sinnlos umkamen.

29. August             Kobarid – Skofja Loka          ( 92 km, 1’460 Hm)

Paashöhe Petr. Brdo

Paashöhe Petr. Brdo

Bei leichtem Morgennebel starte ich um  7 Uhr ohne Verkehr flussabwärts und biege nach Tomin ostwärts in das Baca-Tal ab. Mit der Strasse führt auch eine Bahnlinie talaufwärts: die in der k&k-Monarchie erstellte direkte Bahnlinie Venedig – Wien führte durch dieses Tal und einen Tunnel nach Bled; heute ist es nur noch eine Lokalbahn und wird dazu mit historischen Dampfloks und Wagen als Museums-Bahn betrieben. Neben vereinzelten Denkmälern aus der k&k-Zeit und dem 1. Weltkrieg tauchen auch häufiger Denkmäler für die Opfer des Widerstands gegen die deutsche Besatzung im 2. Weltkrieg auf.
Ab dem malerischen Dörfchen Podbrdo wird es steil bis zur Passhöhe des Petrovo Brdo auf 800 m.ü.M. Zur Belohnung folgt eine zuerst steile, dann lang  (15 km) auslaufende Abfahrt durch ein einsames Waldtal mit nur vereinzelten Häusern und Feldern. In Zelzniki zeugt der gemauerte Hochofen mitten im Dorf von der einstigen Eisenerz-Verarbeitung in diesen Bergtälern. Allmählich weitet sich das Tal und bei Skofja Loka beginnt schon die breite Sava-Ebene. Die Tourist-Info weist mich zum : sehr gut, günstig, ruhig, nur 300 m von der hist. Altstadt entfernt. So reicht es auch noch für einen ausgedehnten Rundgang durch die Gassen mit den reich verzierten Häusern und einem feinen Znacht.

30.August               Skofja Loka – Ljubljana        ( 26 km ,   60 Hm )

Skofja Loka

Skofja Loka

Die kurze Tagesetappe erlaubt mir zunächst nochmals eine Stadtbesichtigung mit Aufstieg zur darüber liegenden Burg und Aussicht über die Sava-Ebene. Um 10 Uhr starte ich, mache noch den Abstecher zur kleinen reich verzierten Kirche Suha ausserhalb des gleichnamigen Dorfes: zum Glück wegen Restaurations-Arbeiten gerade offen! Ab Medvode stosse ich auf die stark befahrene Hauptstrasse Bled – Ljubljana, aber zum Glück gibt es den Veloweg LO38, über den ich sicher  zu den Aussenquartieren der Hauptstadt, und ab hier sind die Hauptachsen immer durch meist abgesonderte Fuss- und Radstreifen begleitet. Im Tourist Office finde ich das Hostel „Roman Wall“ (neben den Resten einer römischen Stadtmauer, die jetzt als Klettergarten genutzt wird) mit einem Zimmer im 2.OG eines Hauses aus den 1930-er Jahren mit freier Küchenbenutzung. Gut, ruhig, 15 Minuten Fussdistanz zum Stadtzentrum.
Es ist 31°C, an diesem Wochenende ist Schluss der Semesterferien und damit die ganze Innenstadt entlang der Ljubljanica ein einziger Festplatz mit Beizen und viel (guter!) Musik. So geniesse ich den restlichen Tag und die halbe Nacht nach kurzen Besichtigungen im Gedränge bei kühlem Bier und Musik aus aller Welt.

im Zentrum von Ljubljana

im Zentrum von Ljubljana

31. August              Ljubljana                          (Besichtigungen)

Leider hat das Wetter gewechselt, weshalb ich mir als erstes einen Knirps (Schirm) kaufe und dann die verschiedenen Sehenswürdigkeiten besuche. Rathaus, Kongress-Platz, Stary Trg , St.Nicholas-Kathedrale, die Burg mit interessanten Ausstellungen zur Geschichte Sloweniens, die vielen imposanten Jugendstil-Häuser, … und immer wieder zum zentralen Platz mit den 3 Brücken und dem Denkmal des National-Dichters Presemov und der roten Mariä-Verkündigungs-Kirche: der Platz, wo alles zusammenläuft . In einer Buchhandlung  prüfe ich Karten von Montenegro, um Infos zur diesen späteren Etappen zu sammeln. Wetterbedingt ist heute definitiv nichts mit Open-Air-Stimmung, so dass ich bereits um 22 Uhr wieder im Hostel bin und für den nächsten Tag packe.

1. September           Ljubljana – Krsko          ( 112 km , 450 Hm )

Warten auf Besserung bringt nichts, also starte ich schliesslich in einer kurzen Regenguss um halb 9 ins Stadtzentrum und gelange mit etwas

 im Regen an der Sava

. im Regen an der Sava

Umwegen von der Ljubljana an die Sava, der ich nun den ganzen Tag folgen werde. Wenige Kilometer ausserhalb des Zentrums  schon wieder Natur Pur. Wiesen, Wälder, die rauschende Sava mit Hochwasser, ab und zu einige Häuser oder ein kleines Dorf. Durch das enge Tal schlängelt sich auch die Bahnlinie Ljubljana – Zagreb. Bei der Burgruine Podpore durchsticht sie das steile Ufer mit einem Tunnel und anschliessender Brücke; ein Denkmal erinnert hier an die berühmte Sprengung durch Partisanen, die hier so einen Zug der Wehrmacht zerstörten. In Lidija wärme ich mich mit einer heissen Steinpilz-Suppe auf, dann gehts mit immer wieder Regen weiter. Bei diesem Wetter sieht es nirgends besonders einladend aus, so dass ich schliesslich gleich bis Krsko durchziehe. Den Hauptplatz dominiert  eine kämpferische Statue des slowenischen Freiheitshelden Tome Kralj, der sich für die slowenischen Bevölkerung in der Provinz „Unter-Steiermark“ gekämpft hatte.  Im modernen „City Hotel“ auch genügend Platz zum Trocknen meiner diversen Regenschütze und trotz grossem Hochzeitsfest einen Tisch für ein feines Nachtessen finde.

2. September            Krsko  – Zagreb         ( 60 km , 130 Hm )

Schloss Brezice

Schloss Brezice

Es regnet nicht mehr. Einen kurzen Abstecher zum gegenüber liegenden Ufer mit dem alten Ortszentrum: macht eine recht verlotterten Eindruck, mit Ausnahme der im steilen Wald liegenden Kirche. In der nun wieder breiten Ebene der Sava erreiche ich nach einer Stunde Bresice, die letzte Stadt auf slowenischer Seite. Die von den Hamburgern als Festungsstadt gegen die Türken erbaute Stadt wirkt am Sonntagnachmittag ziemlich verschlafen. Absolut als lohnen erweist sich der Besuch der Burg mit dem prächtigen Innenhof und dem barocken Präsentationssaal, der an die Prachträume von Versailles erinnert.
Der Grenzübergang nach Kroatien ist fast menschenleer.  Photographien verboten! Entgegen meiner Annahmen ist Kroatien noch nicht in der EU, aber seit ich 2009 das gleiche an der Grenze zwischen den beiden EU-Staaten Bulgarien und Rumänien erlebt habe kann nicht mehr das ja nicht erstaunen.
Durch kleine Dörfer mit vielen halbfertigen Häusern erreiche ich in immer dichterem Verkehr und ohne Velospuren die Vororte von Zagreb. Einen Stadtplan zur Orientierung finde ich nirgends. Mit einigem Spürsinn und viel Fragen erreiche ich um 16 Uhr nach Erkundigung beim Tourist Office das Hostel „Servus“: ruhige Zimmer im Hinterhof eines alten Hauses in einer Nebenstrasse, ideal zum Ausspannen und doch in Fussdistanz zum Hauptbahnhof und dem Stadtzentrum! Schnell duschen und dann zu einem ersten Rundgang in die pulsierende Innenstadt!

3. September     Zagreb     (Ruhetag und Statdbesichtigung )

Zagreb

Zagreb

Das gute Nachtessen in der Bar „Jelacic“ mit Wein und Espresso vom Vorabend hat sich mit schlechtem Schlaf gerächt! Ein Cappuccino mit wunderbarem Blätterteig-Quark-Gebäck am Hauptplatz bringt mich aber schnell wieder in Form für die Besichtigungen: die Unterstadt mit Markt, Kathedrale, die Oberstadt mit der Burg und der Aussichts-Promenade, Parks, enge Gassen, … Am Bahnhof Begegnung mit Karol Werner aus Polen, der hier seine Velotour  von Polen durch die Karpaten beendet hat.  Im „Udruge Bicikl“, einem eben erst eröffneten Velo-Shop, finde ich Karten zu Bosnien und eine Velo-Karte für Toren an der Sava abwärts. Nach einer gigantischen „Zagrebcka Kremshnita“  (wie isst man eine so grosse Cremeschnitte eigentlich ???) als Mittagessen verziehe ich mich in den Garten des Hostels zum Kartenstudium und entscheide mich, am nächsten Tag für die Weiterfahrt Richtung Bosnien zuerst der Sava entlang weiter zu fahren. Nochmals zum Flanieren bei fast 30°C und einem guten Nachtessen mit einem Halbliter „Tocene“ in die Oberstadt, die laue Nachtstimmung geniessen und dann  packen für den nächsten Morgen, wieder raus auf’s Land!

4. September     Zagreb – Cigoc     (174 km ,  80 Hm )

Im dichten Morgenverkehr geht’s um 06.30 Uhr aus der Stadt südwärts. Dank der am Vortag erhaltenen Velokarte finde ich sogar die Abzweigung nach Crnkovec und Bukerie , wo ich wieder an der Sava bin und nach einem Morgenkaffee und Gebäck gemütlich auf dem Damm weiterfahren kann.  An der Fährstelle bei  Oborovo taucht nach einer halben Stunde auch der Fährmann auf und bringt einen mit jungen Schweinen beladenen

Abend im Lonskoe Naturpark

Abend im Lonskoe Naturpark

Traktor und mich für 5 Kura an’s ander Ufer. Kaum verziehen sich  Nebel und Wolke, wird es schon wieder heiss. Vor der Stadt Sisal tauchen erste baufällige Roma-Siedlungen  auf. Nach einer kurzen Besichtigung der Innenstadt und einem Picknick am Ufer der hier einmündenden Kupa entscheide ich mich für die Weiterfahrt an der Sava. Nach einer nochmaligen Fähre bei Gusce beginnt der Sava Naturpark mit dem Storchendorf Cigoc (kroatisch = Storch). Leider sind die zahlreichen Störche vor wenigen Tagen bereits ins afrikanische Winterquartier aufgebrochen. Dennoch lohnt sich der Besuch der Gegend mit ihren alten, mit Schnitzereien verzierten Holzhäuschen. Das heimelige Hotel in Cigoc hat wenige Besucher und gefällt mir auf Anhieb. Ich reserviere vorsorglich ein Zimmer, fahre aber zunächst bis in das für seine vielen traditionellen Holzhäuser berühmte Krabbe weiter. Leider gibt es dort aber kein offenes Hotel, und so geniesse ich bei untergehender Sonne die Rückfahrt nach Cigoc durch die Felder und Auenwälder entlang der träge fliessenden Sava. Gutes traditionelles Essen, sauberes ruhiges Zimmer mit Frühstück für 180 Kurs: ein kleines Paradies!

5. September     Cigoc  – Bihac    (134 km ,  290 Hm )

Nochmals einige Kilometer flussaufwärts, und mit einer weiteren Sava-Fähre wieder ans Westufer und nach wenigen Kilometern nach Sunja.

Ein Erbe des Krieges . . .

Erbschaft aus dem Krieg . . .

Wenig südlich davon zweigt die Strasse über die Hügel nach Kostajnica ab. Hier werden erste Ruinen aus den jüngsten Jugoslawien-Kriegen sichtbar, dazu Denkmäler zur Erinnerung an diese traumatische Zeit. Kurz vor Mittag stehe ich an der Brücke über die Una, die hier die Grenze zu Bosnien-Herzegovina bildet. Keine Formalitäten, aber eine grosse Tafel neben der Tafel „Bosnien-Herzegovina“  verkündet, dass ich hier die „Republika Srpska“ betrete, die ja beharrlich den bosnischen Staat ablehnt und sabotiert. Der Uns entlang flussaufwärts erinnern auch immer wieder Minen-Warnungen daran, dass man die Strasse nicht verlassen soll. Es drückt ein wenig auf die Stimmung in diesem schönen Tal mit dem Fluss, der zwischen Abschnitten mit Stromschnellen wieder breit und träge dahinfliesst. Vor Otok kündet eine Tafel wieder das Ende der Republika Srpska an, hier beginnt wieder ein bosnisch-kroatischer Kanton, und die Rufe des Muezzin von der Moschee verdeutlichen dies. Ein Bosniake, der lange in Deutschland arbeitete, klagt mir: „Weshalb ist das starke Ex-Jugoslawien nicht in Europa, aber Rumänien und Bulgarien gehören dazu. Europa hat beim Krieg nur zugeschaut anstatt zu helfen. An allem ist Genscher Schuld!“
Nach Bosanska Krupa folgt eine imposante Schlucht, und kurz vor 17 Uhr  öffnet sich das Tal wieder mit der Kantons-Haupstadt Bihac. Es regnet wieder heftig, das „Zafir“ an der Brücke ist mir zu vornehm (und zu teuer), aber im „Hostel Ada“ über der Bar Olympia finde ich ein freies Zimmer. Sehenswürdigkeiten gibt es neben der verfallenen Kirche und Burg sowie der Moschee aus dem 15. Jh. kaum, und so beschliesse ich den Tag mit Nachtessen im „Zafir“ und plane den nächsten Tag mit einem Abstecher nach Kroatien zu den berühmten Plitvicer Seen.

6. September    Ausflug  Plitvicka Jezera     (74 km ,  650 Hm )

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bei den Plitvicer Seen

Mit einer Mini-Packung auf dem Velo starte ich um halb acht und erreiche nach einer Stunde aufwärts den gigantischen Grenzübergang nach Kroatien, an dem aber kaum ein Fahrzeug auftaucht. Um möglichst wenig gleich Strecken zu fahren wähle ich für die Fortsetzung die Abzweigung nach Prieboj, was mich aber einen zusätzlichen Pass-Übergang kostet. Zum Glück ist es noch geht kühl! Und auch beim Zugang zu den Plitvicer Seen bin ich froh um die frühe Tageszeit: Der Besucherstrom beginnt erst gegen 10 Uhr. So kann ich 5 Stunden lang den Spaziergang durch das Tal mit seinen kaskadenartig folgenden Seen und Wasserfällen sowie einer Schifffahrt auf dem grössten See geniessen. Erst auf dem Rückweg muss ich ständig warten und ausweichen, weil sich Heerscharen von Touristen auf den engen Wege stauen. Um halb vier fahre ich wieder mit dem Velo los, diesmal zunächst talabwärts und nehme die Abzweigung nach Smoljanac. Auf einer Schotterpiste „der Nase nach“ durch einsame Felder und Wald stosse ich zur eigenen Überraschung und grossen Beruhigung  ich kurz vor dem Grenzübergang doch wieder auf die Hauptstrasse und kann zum Tagesabschluss die Abfahrt nach Bahia genießen.

7. September     Bihac – Kljuc    (116 km ,  1’130 Hm )

Nochmals eine kurze Rundfahrt durch die erwachende Stadt, einen kräftigen Espresso mit feinem Gebäck, und los geht es um 9 Uhr . Ab Ripac steigt die Strasse aus der breiten Ebene in mehreren Stufen rund 600 m hinauf bis zum Brusovac-Pass. Hier durchquere ich den National-Park IMG_4069„Una“ mit einer Landschaft, die unseren Freibergen im Jura gleicht: magere Wiesen mit abflusslosen Senken (Dolinen), Schafherden, vereinzelte Bäume und lichter Wald, felsige Hügel, und nur in grossen Abständen hie und da ein Weiler oder ein kleines Dorf. Ich bin im Karstgebiet, das sich über das angrenzende Kroatien bis zur Adria-Küste erstreckt. Erst nach dem 870 m. hohen Übergang Podsrnetica wird es wieder üppiger auf der Fahrt hinunter nach Kljuc. Da es gleich wieder über einen Pass geht, entschliesse ich mich nach 7 km aufwärts zur Rückkehr nach Kljuc hinunter, um hier zu übernachten. Ein ruhiges Zimmer am Stadtrand an der Sana-Brücke: Schnell alles deponieren und in der Abendsonne noch rasch einen Ausflug (mit Velo) zur imposanten Burgruine auf den Kalkfelsen über der Stadt. Da es nach dem Duschen schon dunkel ist, fährt mich ein Mitarbeiter des Hotels zum Restaurant „Kula“ neben der Moschee. Für 23 Marek bekomme ich reich gefülltes Schnitzel, großen Salat, 2 Glas vorzüglichen Rotwein, Kaffee und Cognac. Da ist der nächtliche Fussmarsch zurück ins Hotel dringend nötig!

8. September      Kljuc – Donji Vakuf     (95 km ,  780 Hm )

Zum Glück ist es um 8 Uhr früh noch angenehme 16°C. Gemäss Tafel bin ich nun wieder in der Republika Sprpska. Nach e 400 m Aufstieg folgt der Dragoraj-Tunnelund nach kurvenreicher Fortsetzung durch die engen Waldtäler  auf 735 m.ü.M. die Passhöhe mit  Weiden, einigen Häusern und einem grossen serbischen Friedhof. Es folgen mehrere durch kleine Übergange getrennte fruchtbare Hochebenen und breite Täler. In Jezero sehe ich zum ersten Mal in dieser „Republik“ ein Kloster und eine Moschee nebeneinander; vielleicht liegt das am „Grenzort“, denn kurz dahinter bin ich wieder in einem Kanton von Bosnien-Herzegowina.

Jaice

Jaice

Die Stadt Jaice ist ein historischer Ort für Jugoslawien: Hier war das geheime Zentrum der Partisanen unter Tito gegen die deutschen Besatzer, weshalb bis zum Zerfall Jugoslawiens fast alle Schulklassen einmal den Ausflug hierher machten. In der Altstadt mit fast vollständigen Stadtmauern und der darüber trohnenden Festung lohnen auch die Moschee, die Kirchenruinen aus dem 13. – 16. Jh. und vor allem die geheime unterirdische Kirche, die  zu Beginn als Treffpunkt der Partisanen diente, sowie der breite gut 15 m hohe Pliva-Wasserfall einen Besuch der Stadt. Der arbeitslose Muhammad zeigt mir gerne alle Sehenswürdigkeiten und wünscht sich als Entgelt nur eine Postkarte aus der Schweiz!
Nach 4 Stunden fahre ich durch das sehr schöne enge Vrbas-Tal aufwärts  bis Donji Vakuf und finde an der Hauptkreuzung ein Zimmer, wo es nach 2 Stunden endlich auch noch warmes Wasser gibt.

9. September      Donji Vakuf – Tomislavgrad    (125 km ,  1’390 Hm )

Zuerst 12 km weit durch das nun wieder breite Tal südwärts und ab Bugojno westwärts durch das enge Prusacka-Tal auf einer neuen Strasse mit

am Busko (Livsko) Jezero

am Busko (Livsko) Jezero

sehr wenig Verkehr zum Koprivnica-Tunnel auf 1384 m.ü.M. Nach den dichten Wäldern des Vrbas-Gebietes öffnet sich am Tunnel-Ausgang eine ganz andere Landschaft: weite Hochebenen mit vereinzelten Wäldern und weit auseinander liegenden Siedlungen. Dieser Teil Bosniens ist die eigentliche Herzegowina mit vorwiegend kroatischer Bevölkerung und deshalb in jedem Ort meist grosse Kirchen. Die riesige halbfertige Kirche von Kupres ist an diesem Sonntagmorgen bis auf den letzten Platz besetzt. Die Karstregion ist auch Wintersportgebiet, wovon einzelnen hässliche Ferienhaus-Ansammlungen zeugen. Ab Suica steigt die Strasse durch karge Weiden und Steinfelder bis auf 1’220 m empor und dann in rasanter Abfahrt zum 500 m tiefer liegenden Städtchen Livno. Die Weideflächen sind braun, vielerorts auch abgebrannt. Nach einer Mittagspause mit Früchten, Yoghurt und Espresso (wie überall in westlichen Balkan ausgezeichnet!) reicht die Energie für die Weiterfahrt bis kurz vor die kroatische Grenze. Um den Busko Jezereo, den grössten See der Herzegowina, herum folgt nochmals ein letzter schweisstreibender Aufstieg und schliesslich eine lange Abfahrt nach Tomislav. Das beabsichtigte Hotel „Tomislav“ ist durch einen Kongress voll besetzt, aber im Motel am Stadtrand finde ich bei einbrechender Dämmerung doch noch ein Zimmer und nicht weit entfernt in der Pizzerias „Europa“ noch das ersehnte Nachtessen.

10. September     Tomislavgrad – Mostar    (120 km ,  370 Hm )

Mostar

Mostar

Am Montagmorgen finde ich vor halb 9 nirgends eine offene Bäckerei, so dass heute das Morgenessen nur aus einem Berliner mit Kaffee an der Tankstelle besteht. Nach 20 km und einem kleinen Übergang folgt wieder eine waldreichere Region mit tief eingeschnittenen Tälern. Ab der Industriestadt Posusje nimmt der Verkehr deutlich zu, denn hier ist auch ein grösserer Grenzübergang nach Kroatien. Die geringere Meereshöhe macht sich nun auch in der Temperatur (33 – 35°C!) bemerkbar, weshalb auch die kleineren Steigungen den Schweiss schon in Strömen fliessen lassen. Nicht einmal die letzte rassige Abfahrt nach Mostar bringt noch wirklich Kühlung.
Hier kreuzt sich meine Balkan-Tour erstmals mit derjenigen von 2010. Und so melde ich mich auch gleich wieder im vertrauten Muzilbegovic-House und bekomme fast wie ein Stammkunde wieder eines der wunderbaren traditionell bosnisch eingerichteten „Museums“-Zimmer. Der Nachmittag lässt mir Zeit zum gründlichen Retablieren von Velo und Kleidern und doch auch noch zum Spaziergang durch die immer mehr von Touristen überströmte Altstadt. Noch wie vor 2 Jahren erinnern aber immer noch Ruinen an den Krieg, hier zwischen Bosnien und Kroaten über die Neretva hinweg mit der sinnlosen Zerstörung des Stadtwahrzeichens in Form der historischen Bogenbrücke.

11. September     Mostar – Gacko    (100 km ,  980 Hm )

Mostar liegt nur 60 m.ü.M. Aus Respekt vor der heutigen Bergetappe starte ich bereits um 06.40. In angenehmer Steigung erreiche ich nach fast IMG_4298drei Stunden und einigen kurzen Pausen die Passhöhe auf 1060 m.ü.M.   Fast wie in der Tremola am Gotthard geht es durch Föhrenwald ins Städtchen Nevesinje hinunter. Einmal mehr bin ich wieder in der „Republika  Srpska“.Alle Kaffees voll, überall Menschen auf der Strasse, die offenbar nichts zu tun haben, und doch der Eindruck einer gedrückten Stimmung, so ganz anders als in Bosnien. Aber die Landschaft gefällt mir: Felder, Ebenen, Wälder, Felsen wechseln ständig ab. Nur das Wetter will nicht so recht, und schliesslich beginnt Regen, der in Gacko zum eigentlichen Wolkenbruch wird. Im Hotel ist ein Zimmer frei, aber 8 km weiter empfiehlt mir der   Kellner ein Motel etwas abseits der Hauptstrasse. Und das ist wirklich ein guter Tip: Zwar wirkt das Restaurant Kosuta  kalt, aber in einem der kleinen Holzhäuschen nebenan im Wald habe ich eine ganze 3-Zimmer-Wohnung für mich und genügend Platz zum Trocknen meiner Waren. In der unteren Wohnung sind zwei Studenten aus Zürich, die ich heute bereits einmal angetroffen habe, und gemeinsam gibt es schliesslich ein gemütliches Nachtessen.

12. September     Gacko – Trebinje    (60 km ,  280 Hm )

Abend über Trebinje

Abend über Trebinje

Der Morgennebel verheisst einen schönen Tag, so starke ich nach dem Morgenessen mit Beni und Dani gemütlich zur heute kurzen Etappe. Eindrücklich das Denkmal zur Erinnerung an die (serbischen) Opfer der (kroatischen) Ustasa 1941 mit Hunderten von Namen. Sie wurden in der Nähe in Karst-Höhlen geworfen und erschossen. Auch die im Gebüsch unterhalb der Strasse kaum sichtbare, mit Steinplatten gedeckte Michels-Kirche aus dem 14. Jh lohnt einen Abstecher. Nach Bileca folgen nochmals zwei Übergänge, und schliesslich folgt die lange Abfahrt nach Trebinje hinunter, wo ich zum zweiten Mal auf die Balkan-Route 2010 stosse. Den ausgiebigen Rundgang mit Altstadt und römischer Brücke beschließe ich mit dem Besuch des hoch über der Stadt liegenden  serbisch-orthodoxe Klosters Tvrdoš (15. Jh. ) und geniesse die Aussicht mit Sonnenuntergang.

13. September     Trebinje – Kotor    (70 km ,  740 Hm )

Statt ostwärts wie vor 2 Jahren wähle ich diesmal die Strasse südwärts zur Grenze von Montenegro (Crna Gora). Gleich 10% Steigung, dazu auch

die Bucht von Kotor beginnt

die Bucht von Kotor beginnt

leichter Regen! Ein Lastwagen will mich mitnehmen, aber mein „Grind“ gibt mir das irgendwie nicht zu! Ist wohl ein Fehler, denn auf der ersten Ebene wird es immer windiger und schliesslich noch stürmisch mit immer kräftigem Regen. Zum Glück taucht in dieser Einsamkeit gerade ein kleines Restaurant auf, wo ich mich mit einer  heissen Corba,  feinen Palacinka und Kaffee aufwärmen kann. Draussen Geiste es wie aus Kübeln! Bei einer kurzen Beruhigung entschliesse ich mich zur Weiterfahrt, ich will ja nicht hier übernachten. Zwar regnet es immer mal wieder und wird auch kälter, aber an der Grenze auf 830 m.ü.M. ist es sogar mal kurz trocken. Also sofort weiter, zuerst durch einen Tunnel mit dichtem Nebel, und am Ausgang beginnt die Talfahrt wieder mit Regen. Mit dem Fahrtwind ist es zudem empfindlich kalt, aber weiter unten kann es nur besser werden. Über Komonari wird durch die Wolken erstmals das Meer sichtbar, und in Herceg Novi kommen sogar erste Sonnenstrahlen. Hier bin ich wieder an der stark befahrenen Küstenstrasse von Dubrovnik -nach Budva und Bar, darum nehme ich in Kamenari die Fähre zum gegenüberliegenden Lebetari, von wo ich auf der kleinen Nebenstrasse in die Bucht von Kotor einfahren kann. Steiles Ufer, kein Verkehr, Palmen, kleine Ortschaften, auf der anderen Seite der Bucht hohe Berge und schwarze Wolken – es erinnert fast an den Luganersee, nur die riesigen Kreuzfahrtschiffe passen nicht ganz dazu, für die Kotor ein sehr beliebtes Ziel ist. In Motor vermittelt mir die Tourist Information ein Privatzimmer für 25 Euro in einer der vielen engen und verwinkelten Gassen. Auf einem Abendspaziergang streife ich kreuz und quer durch die Stadt und zu den luxuriösen Privatyachten, welche die stolzen Besitzer  gegenüber der mächtigen Stadtmauer verankert sind. Ich bin zufrieden mit meinem treuen Drahtesel, der mich bis jetzt auch ohne Wasser überall hin bringt . . .

14. September     Kotor                      (Besichtigungen )

Kotor

Kotor

Nachts hat es wieder heftig geregnet, der Himmel ist bedeckt, laut Vermieterin  soll es ab morgen langsam besser werden. Da ich meinem Programm einen Tag voraus bin, entscheide ich mich für eine weitere Nacht in Kotor und hoffe, dass das Wetter heute wenigstens ein wenig Sightseeing erlaube. So mache ich zu Fuss Streifzüge durch die Stadt, die nach dem verheerenden Erdbeben von 1979 in den letzten 20 Jahren in ihrer historischen Form wieder aufgebaut wurde und heute als UNESCO-Weltkultur-Erbe gilt. Die lange venezianische Vergangenheit sowie die Zugehörigkeit zu Österreich-Ungarn zeigt sich in unzähligen Details. Besonders eindrücklich auch die hoch über den Bergkamm verlaufende Stadtmauer, die nachts beleuchtet ist. Auf steilen Treppenwegen besuche ich die verschiedenen Häuschen, Kapellen und Kirchlein in diesem Steilhang und geniesse die Aussicht über die Bucht, die wie ein norwegischer Fjord wirkt.
Auch am Abend regnet es wieder, aber der Wetterbericht gibt doch Anlass zu Hoffnung für den nächsten Tag!

15. September     Kotor – Rijeka Crnojevica    (67 km ,  1’220 Hm )

Beim Aufwachen plätschert es draussen immer noch, aber schon etwas feiner, und der Luftdruck ist deutlich gestiegen. Also duschen, packen, etwas improvisiert Morgenessen, und weil’s halt immer noch tropft auf dem Hauptplatz nochmals in eine Bar mit Kremshnita und Kaffee. Um

halb neun mache ich mich aber definitiv auf den Weg. Den Regenschutz kann ich schon nach dem ersten Kilometer einpacken, und beim Übergang zum Flugplatz verschwindet auch die Jacke im Gepäck. Ich zweige in die Pass-Strasse nach Cetinje ab, und nun gehts in 27 Kurven den steilen Berg hoch. Mit ständig nur  etwa 4% Steigung und nur selten einem Auto bleibt es aber ein Genuss, und die Aussicht wird in jeder Kurve noch toller. Erst auf der Passhöhe auf 900 m  nimmt der Verkehr etwa zu; viele Touristen besuchen von hier aus den 1750 m hohen Lovcen mit dem Mausoleum von Petar II. Petrović-Njegoš , montenegrinischer Fürstbischof und Nationaldichter. Hinter einem Hochtal folgt nochmals ein Pass mit 1’090 m vor der langen Abfahrt in die ehemalige Hauptstadt Cetinje. Eine beschauliche Provinzstadt, die Dank ihrer

Abfahrt nach Rijeka Crnojevica

Abfahrt nach Rijeka Crnojevica

früheren Bedeutung aber einige schöne Bauten aufweist: neben verschiedenen ehemaligen Botschaftsgebäuden das mächtige Kloster und vor allem die Forstresidenz „Billjarda“, die ihren Namen dem mächtigen Billardtisch verdankt, welchen der Fürstbischof dort aufstellen liess. Ich verbringe fast 2 Stunden in diesem Museum zur Geschichte Montenegros und freue mich vor allem an der grossen Ausstellung von originellen politischen Plakaten. Noch eine Rundfahrt durch die Parkanlagen neben der Stadt, und dann über eine letzte Kuppe zur langen Abfahrt nach Rijeka Crnojevica. Und wie vor 2 Jahren auf anderer Route finde ich wieder im kleinen Hotel/Restaurant an der historischen Brücke das gemütliche Zimmer und an der Theke die reiche Grappa-Auswahl (von Nuss bis Brennnessel) und von Ludmila die gute Fischsuppe und anschliessend gebackene Forelle, selbstverständlich mit einem Halbliter Vranac. Diesmal stoppe ich zwar nach dem dritten Grappa, aber spät wird es auch jetzt wieder!

16. September     Rijeka Crnojevica – Ulcinj    (85 km ,  1’590 Hm )

… und ich wache heute auch ganz normal im Bett auf. Um halb zehn starte ich nach grossem Frühstück zur schon bekannten Bergetappe hinüber

die Rumija-Berge bei Bar

die Rumija-Berge bei Bar

nach Virpazar am Ufer des grossen Shkoder-Sees.Nach einer Mittagspause mit einer Portion gegrillte Paprika bin ich bereit für die nächste Bergstrecke, diesmal auf der alten Strasse über den Sutorman-Pass, die fast nur noch von Motorrädern und Bieren benutzt wird. So werden auch diese 800 m Aufstieg durch das lange Waldtal zu grossem Genuss und die Anstrengung schliesslich mit einer langen Abfahrt mit Aussicht auf die Adria belohnt. Auf den Belags-Abschnitten zeigt mein Ciclo-Gerät bis 58 km/h an, aber wegen immer wieder überraschenden Schotter-Strecken nur dort, wo mindestens 100 m der Strecke voraus übersehen werden können. Vor Bar stosse ich wieder auf die grosse Küstenstrasse, die ab Bar zum Glück nicht mehr viel Verkehr aufweist. Zudem habe ich auf dem Pannenstreifen immer reichlich Platz mit dem Velo. Nach ständigem Auf und Ab sowie einigen Tunnels komme ich gegen 19 Uhr in Ulcinj an und finde auch hier über die Tourist Info für 20 Euro wieder ein schönes Privatzimmer. Obwohl noch in Montenegro bin ich hier schon fast wieder in Albanien. Die Bevölkerung dieser alten Hafenstadt ist überwiegend albanisch und neben den mächtigen Burganlagen und einigen Kirchen prägen auch Moscheen mit den schlanken Minaretten das Stadtbild rund um den von Hügeln geschützten Hafen.

17. September     Ulcinj – Durrës        (172 km ,  370 Hm )

der Bäcker ist unterwegs

der Bäcker ist unterwegs

Am frühen Morgen besuche ich zuerst den alten Stadtteil auf dem Burghügel mit seinen verwinkelten gepflasterten Gassen. Neben vielen Kirchen und bewohnten Häusern stosse ich immer wieder auf Ruinen, die noch auf ihre Restauration warten. Ulcinj dürfte so zu einer touristischen Perle an der Adria werden!
Um 10 Uhr mache ich mich wieder auf den Weg. Die  zweisprachigen Ortstafeln (serbisch und albanisch) bereiten mich langsam auf das nächste Land vor. An grossen montenegrinischen Grenzübergang stauen sich einige Autos, aber es geht sehr schnell durch. Von einer albanischen  Grenzstation she ich nur die albanische Flagge, und schon bin ich im (mit Italien) sechsten Land meiner Tour. Nach der Brücke unter der Rozafa-Festung lasse ich diesmal die Strasse nach Shkodra links liegen und nehme die Hautstrasse nach Süden, nehme aber nach 10 km die Abzweigung nach Beshat, um bis Balldren dem Fuss des langen Hügelzugs zu folgen, der die Drinit-Ebene von der Küste trennt. Da Wegweiser fehlen und mich meine Spürnase auch mal im Stich lässt, finde ich ab und zu die richtige Fortsetzung erst im zweiten Anlauf, stosse dafür auf verlassene Kolchosen und ein ehemaliges Gefängnisse aus der Hodja-Zeit. Ab Lezhë ist es wieder einfacher, aber ab Milet scheint nur die Autobahn weiter zu führen, wo grosse Tafeln auf ein Fahrverbot für Motorräder < 200 cm3 hinweisen. Da ich keine ander Möglichkeit finde, wähle ich trotzdem diese Strecke mit dem über 2 m breiten Pannenstreifen. Die Polizeipatrouillen, die unterwegs den Verkehr überwachen, winken  freundlich und stören sich offenbar nicht daran. In Fushë-Kruje übersehe ich die Ausfahrt, was mir nochmals 10 km Extra-Strecke einbringt. So geht bei Vorë bereits die Sonne unter. Da hier auch der Verkehr von Tirana einmündet, habe ich auch auf der alten Hauptstrasse viel Lastwagen-Verkehr. Nur noch trampen mit dem Ziel Durrës! Mit Einbruch der Dunkelheit bin ich nach 172 km  im Zentrum von Durrës . Im von der dortigen Travel Agency empfohlenen modernen Hotel „Arki “ komme ich mir unter den geschniegelten Leuten zwar etwas deplatziert vor, aber das Personal stört sich nicht an meiner Aufmachung,  ist freundlich und hilfsbereit und serviert mir auch noch zu später Stunde ein kleines Nachtessen.

18. September     Durrës – Berat                    (104 km ,  80 Hm )

Bei 28°C habe ich schlecht geschlafen und stehe früh auf. Nach dem guten Frühstück nehme ich mir3 Stunden Zeit zum Spaziergang durch die

wer hat Vortritt?

wer hat Vortritt?

verwinkelten Gassen der Altstadt, der großen Moschee und des grossen römische Amphitheater, das erst um 1920 mitten in der Stadt entdeckt wurde. Auch heute verpasse ich wegen fehlenden Wegweisern zunächst wieder die richtige Ausfahrt aus der Stadt und gelange schliesslich – teilweise wieder über Autobahnstrecken – nach Lushnjë. Hier kann ich die Hauptverkehrsachse der albanischen Küste verlassen. Neben alten Häusern überraschen mich auch hier wieder die Modernen Gebäude am Hauptplatz der Stadt und die offenbar sehr aktiven Industrie-Betriebe am Stadtrand. Am Rande der weiten Semani-Ebene  geht es langsam zwischen höheren Bergen in ein Tal hinein. Kurz nach 16 Uhr erreiche ich das heutige Ziel Berat, das mMit seinen ganz besonderen Häusern und als UNESCO-Weltkultur-Erbe ein touristischer Schwerpunkt Albaniens ist. Auf dem Marktplatz spricht mich ein Mann auf italienisch an und bietet mir eine Unterkunft in seinem Haus an, 15 Euro inkl. Morgenessen, perfekt! In seinem traditionellen Haus unweit der Brücke begrüsst mich auch seine Frau gleich mit einer grossen Schale Trauben aus der Pergola im kleinen Vorgarten. Auf die Empfehlung des

Berat

Berat

Mannes besuche ich auch gleich noch die Altstadt in der riesigen Burganlage über der Stadt. Vom Eckturm aus kann ich mir auch eine erste Eindruck auf die morgige Etappe über die gegenüberliegenden Berge verschaffen. Um 20 Uhr herrscht im Zentrum Berats noch Hochbetrieb durch Familien, die hier mit Grossvater und Kleinkinder spazieren und plaudern. Nach dem Nachtessen auf der Dachterrasse des „Mangale“ dagegen ist die Stadt um halb elf schon wie ausgestorben, und ich bin froh um meine Taschenlampe, um den Heimweg zu finden.

19. September     Berat – Kelcyrë                  (80 km , 1’430 Hm )

Die heutige Etappe stand lange Zeit nicht fest. Je nach Karte finde ich zwischen hier und Kelcyrë eine Hauptstrasse oder nur einen Fussweg, und auch Google Earth gibt mir keine Sicherheit. Sowohl mein Gastgeber als auch der Kellner im „Mangel“ haben aber schon „davon gehört(?). Also einfach mal drauf los!

Der erste steile Kilometer stimmt mich zuversichtlich, aber nach dem Aussichtspunkt geht es nur noch als Schotterstrasse kurvenreich durch eine IMG_4965Art „Macchia“ weiter. Manchmal wird auch eine alte Pflästerung sichtbar, dann wieder sind es nur tiefe, mit Wasser gefüllte Fahrspuren. Immerhin taucht nach 6 km ein Dorf mit teilweise neueren Häusern auf, und bei einer Trinkpause überholt mich sogar ein stinkender Car, der sich seinen Weg um die zahlreichen Wasserlöcher sucht. Sonst begegne  ich nur einem knatternden Einachser und mehrmals Bauern, die mit Eseln den Mist ausbringen oder  auf ihrem Esel oder einem Pferd zu ihren Obstbäumen reiten. Aber der Wegverlauf über den Kamm dieses Höhenzugs bietet ein tolles Rundum-Panorama. Bei Verzweigungen kann ich jeweils nur hoffen, den richtigen Ast gefunden zu haben. Einen Hinweis geben jeweils höchstens  die Reste einer einst perfekten Strassenpflästerunge; wie mir der Forstbeamte im fast leeren Dorfladen Terpanur bestätigt, wurde die Strasse in den 1930-er Jahren von den Italienern, die Albanien längere Zeit besetzt hielten, als Hauptverbindung von Gjirokastër nach Tirana gebaut, da der Talweg entlang des wilden Gebirgsflusses „Vjosa“ nach Fier zu schwierig schien.

Ausser den Beton-Ruinen eines ehemaligen Kolchose-Stalles, einem Reiter auf seinem Maultier sowie einem Bauern mit zwei unter ihren Heulasten kaum sichtbaren Eseln treffe ich von Treppen an auf  rund 50 km niemanden an. Die Distanzangaben in meiner Freytag&Berndt-Karte stimmen offensichtlich wieder einmal nicht, aber zum Glück bleibt der befürchtete Regen trotz dunkelgrauer Wolken aus. In Arëze e Vogel gibt es plötzlich Asphaltbelag und eine Wegweiser hinab nach Memalilaj an der Hauptstrasse im Tal. Sogar ein kleine Restaurant mit Zimmer ist hier vorhanden, doch trotz drohendem Regen entschliesse ich mich nah einem Bier mit selbstgebranntem Honig-Grappa zur Weiterfahrt nach Kelcyrë. Für diesen letzten Abschnitt wäre zweifellos ein Mountain-Bike das richtige Fahrzeug:  auf den Resten der Pflästerung kann ich die tiefen Gräben kaum umfahren, ohne aus dem Sattel geworfen zu werden oder den Halt am Lenker zu verlieren, in der Schlucht ist die die an den Steilhang geklebte „Strasse“ auf halber Breite abgebrochen, und im Talgrund haben die starken Gewitter der letzten Stunden den Weg auf längere Abschnitte in bis 30 cm tiefe Seen verwandelt. Zum Glück funktioniert mein Licht zuverlässig, und so komme ich bis zuoberst mit Schlamm verspritzt um halb sieben in Kelcyrë an. Nachdem ich mich beim Hotel an der Kreuzung überzeugt habe, dass ein Zimmer zu haben ist, lasse ich zuerst in einer Garage mein Velo sowie mich selber in der Waschanlage reinigen. Erst so kann ich schliesslich glücklich und zufrieden mit einem albanischen „Mish“ den Tag abschliessen.

20. September     Kelcyrë – Sarandë                    (104 km ,  830 Hm )

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bei Muzine

Nach der gestrigen Wäsche muss ich zuerst einmal mein TdS-Velo wieder gründlich ölen. Heut e wird es wieder wesentlich einfacher: auf guter Strasse der Vjosa entlang abwärts und vor Tepelenë über einen kleinen Hügel direkt auf die Hauptstrasse Richtung Gjiorokastër, welche die Hauptverbindung nach Griechenland bildet. Der Verkehr ist entsprechend stärker, vor allem auch Lastwagen. In der Heimatstadt des langjährigen Diktators Enver Hoxha  sind im alten Stadtteil am Hang die Häuser fast wie in Berat; auch diese Stadt UNESCO-Weltkultur-Erbe und deshalb mit sehr vielen Touristen. Bei einem Rundgang durch Altstadt und die mächtige Burganlage finde ich auch Schutz vor einem heftigen Gewitter. Neben  Rüstungen und Kanonen aus dem 19. und frühen 20.Jh zeigt die Ausstellung in den riesigen Hallen und Gängen der Burg auch ein amerikan. Jagdflugzeug, dass hier in den 60-er Jahren abgeschossen worden sein soll.
22 Km weiter südlich verlasse ich die Talstrasse und wähle die Passstrasse nach Sarandë. Nach dem Pass öffnet sich wieder eine andere Landschaft: Wiesen, farbige Felsen und eine immer üppigerere Vegetation, die durch Bewässerungen noch weiter gefördert wird. Der Ortschaftsname „Mesopotami“ passt sehr gut hierher. Kurz vor dem Tagesziel folgt noch eine letzte Herausforderung durch einen zwar nur knapp 100 m hohen Hügel, der mich aber nach den letzten Tagen doch fast an den Rand meiner Kräfte bringt. Aber  der neue direkte Tunnel nach Sarandë wäre mir doch zu riskant. Ein unterwegs angetroffener Taxifahrer holt mich im Stadtzentrum ab und fährt mir durch den dichten Abendverkehr zum Privatzimmer eines Bekannten voraus. Unter Touristen geniesse ich in einem der vielen Restaurants an der Strand-Promenade  den gegrillten Fisch mit vielen Zutaten und Wein und schliesse ihn mit einem durch Zimt und Honig angereicherten Apfelschnaps ab.

21. September     Sarandë – Neochori                       (93 km ,  970 Hm )

Morgenessen bei Sonnenaufgang in einem Strandcafé, draussen im Meer die Hügel der griechischen Insel Korfu: ein Tagesbeginn für’s IMG_5258Bilderbuch! Anstatt dem Umweg per Schiff über diese Insel nach Griechenland wähle ich den direkten Landweg entlang der Küste nach Griechenland. So kann ich unterwegs auch die 20 km weiter südlich liegende Ruinenstadt Butrint besuchen. Schon der Weg dorthin über der grossen Lagune von Butrint lohnt jeden Kilometer. In der Ruinenstadt kann man auf einem gemütlichen Spaziergang durch den dichten Wald  Tempel-, Kirchen und Burgruinen aus griechischer, römischer und venezianischer Zeit bewundern. Etwas ganz besonders sind die prächtigen Bodenmosaike, die aber zum Schutze mit Sand zugedeckt und nur alle 7 Jahre für kurze Zeit wieder freigelegt werden.
Auf einer einfachen Fähre geht es von hier über die Lagunen-Mündung und langsam ansteigen zur Bergkette, die die Grenze zu Griechenland bildet. Das breite Tal ist voll mit bewässerten Obstanlagen. Hinter der Krete folgt der griechische Grenzübergang; ich bin wieder in der EU und in Schengen-Land. Am Ende des kleinen Tales öffnet sich der Blick auf das tiefblaue Meer der Bucht von Sagiada. Der schönste Platz für die Mittagspause und ein Bad, bevor ich zu den Touristen-Stränden dieses Ortes gelange. Die riesige Küstenebene mit Obst- und Reb-Kulturen umfahre ich an den kargen Hängen und stosse nach vielen Auf und Ab und einer schönen Abendfahrt durch ein einsames Tal zwischen blendend weissen Felsen bei Neochorion auf die alte Hauptstrasse von der Adria-Küste durch Nordgriechenland nach Thessaloniki. Hier merke ich, dass im Gegensatz zu allen anderen Balkan-Ländern in Griechenland Hotels ausserhalb der Hauptorte kaum existieren. So bleibt mir nichts anderes übrig, als bei beginnender Dunkelheit auf der Nebenstrasse noch 200 m nach Onochri hoch zu fahren, wo  gleich am Ortsbeginn das wohl einzige Hotel in dieser Gegend zum Glück geöffnet ist und mir die Wirtin noch extra trotz später Stunde (ich habe die Zeitverschiebung von 1 Stunde völlig übersehen) noch ein Nachtessen macht.

22. September     Neochori  – Ioannina                    (77 km ,  1’280 Hm )

auf dem ersten Pass

auf dem ersten Pass

So beginnt der neue Tag wieder mit einer kühlen Talfahrt, bei der ich froh bin um meine Handschuhe und den Gesichts-Schutz. Aus dem dichten Wald komme ich in langer Bergfahrt bis zur Passhöhe auf 640 m.ü.M. wieder in karges Felsgebiet. Die grosse Tafel „Slow; Icy Road !“ mutet momentan fremd an. Aber offenbar sind diese nordgriechischen Pässe im Winter doch tückisch, denn an einer späteren Strecke folgt sogar der Hinweis, dass die Strasse im Winter wegen zu viel Schnee geschlossen wird. In abwechslungsreicher Fahrt durch Wälder, kleine Täler mit hübschen Dörfern und immer wieder mal hinunter und hinauf folgt schliesslich die letzte Hügelkette bei Rodotopi und die Abfahrt in den regionalen Hauptort Ioannina. . Die auf der ganzen Strecke immer wieder mal angriffslustig am Strassenrand liegenden Hunde, die nur auf Radfahrer zu warten scheinen, stoppen ihren Angriff augenblicklich, wenn sie sehen, dass ich zu dem stets auf der Lenkertasche bereit liegenden Stein greife. Vom zentral gelegenen Hotel „Betanmin“ besichtige ich auf einem langen Rundgang die von einer fast intakten Stadtmauer umgebene ehemals osmanische Altstadt mit dem die Halbinsel überragenden Hügel, auf dem in einem Parkareal das Mausoleum des berühmten Ali Pascha, eine grosse Moschee, das osmanische ehemalige Verwaltungsgebäude und ein schönes orthodoxes Kloster friedlich nebeneinander stehen.

 23. September     Ioannina – Grevena                        (124 km ,  1’950 Hm )

Nach dem schönen Radweg am Seeufer folgt am Sonntagmorgen auf der Nordseite des Ioannina-Sees  gleich schon wieder ein langer Aufstieg und danach eine Folge von kurvenreichen Berg- und Talfahrten. Ab und zu wird der Blick frei auf die neue Autobahn, die jetzt mit unzähligen Brücken und Tunnels Nordgriechenland durchquert. Dank ihr habe ich die frühere Hauptstrasse fast für mich allein und kann das Velo auf den Talfahrten  jeweils fast ungebremst sausen lassen. Offenbar wird für den Unterhalt aber kaum mehr etwas gemacht, denn viele alte Schäden in dieser einst

Achtung !

Achtung !

sehr guten Strasse sind nur notdürftig oder gar nicht abgesichert. Dafür ist die Aussicht auf jeden Fall weit besser als auf dem neuen (wohl EU-finanzierten)  „Highway“. Die Etappe verläuft meistens zwischen 400 und 1200 m.ü.M. . „Höhepunkt“ ist der Pass  zwischen Metsovo und Milea mit 1’530 m.ü.M. Schilder warnen vor entgegenkommendem Schneepflug, bei einem Parkplatz wird gewarnt vor Bären!
Für die Etappenziele muss ich mich auf Städte beschränken, da Hotels ausserhalb grosser Ortschaften nicht zu existieren scheinen und Privat-Unterkünfte hier offenbar unbekannt sind. In den Städten verlasse ich  mich dafür auf die Empfehlungen von Einheimischen, meistens von Taxifahrern. Im Städtchen Grevena  sind die vielen Bars und Strassenkaffees gefüllt, aber ein Restaurant für’s Nachtessen finde ich erst nach langem Suchen. Der Wirt erklärt mir, dass die Leute schon lange kein Geld mehr hätten für Restaurant-Besuche, weshalb in der ganzen 25’000-Einwohner Gemeinde nur noch 3 oder 4 Restaurants in Betrieb seien. Dafür sitzen die Leute stundenlang in den Bars und Kaffees bei einem Bier oder eisgekühlten Latte Macchiato. Und ein Bier zu trinken ist in Griechenland besonders zu empfehlen: jedes Mal wird  dazu eine kleine Antipasta-Auswahl serviert. Müsste bei uns auch eingeführt werden . . .

24. September     Grevena – Kozani                                 (58 km ,  640 Hm )

der Uhrturm in Rozani

der Uhrturm in Kozani

Ich beginne den Tag wieder mit einer kleinen Besichtigung-Tour. Wie in allen Städten der Region der charakteristische Uhrturm, aber auch hier geht die Uhr nicht mehr. Und wie in jedem grösseren Ort erinnern auch hier Statuen und Denkmäler an die kriegerischen Zeiten, von den Balkankriegen des 19. Jh. über die griechisch-türkischen Kriege bis zur deutschen und italienischen Besatzung im 2. Weltkrieg und dem danach folgenden Bürgerkrieg von 1946 – 49. Und jetzt leidet diese abgelegen Region seit der Finanzkrise unter der ständig wachsenden Arbeitslosigkeit.
Auch heute geht es wieder abwechslungsreich über mehrere Hügelketten und durch breiter werdende Täler. Immer häufiger tauchen Hinweistafeln auf antike Ausgrabungen auf. Zudem werden die kleinen Gedenk- oder Grabstätten am Strassenrand, die mir schon seit der Grenze aufgefallen sind , immer phantasievoller. Neben Kirchlein auf Stein- oder Holzpfosten erscheinen einzelne Exemplare schon fast als Mausoleum „en miniature“.
In Kozani ist neben dem schönen Hauptplatz (mit Uhrturm!) vor allem die orthodoxe Kirche (17.Jh) am Rande des Platzes  mit ihren zahlreichen Nischen und den sehr schönen Fresken sehenswert. Und sonst: einfach auf dem Platz sitzen bei einem Bier und die Menschen beobachten; trotz schwieriger Situation scheinen sie die Lebensfreude (noch) nicht verloren zu haben.

25. September     Kozani – Thessaloniki                     (172 km ,  770 Hm )

Heute folgt der letzte Pass der Reise, deshalb starte ich schon in der Morgendämmerung. Aus dem breiten Talboden bei Kilada  geht es von knapp

auf dem letzten Pass !

auf dem letzten Pass !

700 m zum Katanias-Pass mit auf 1’365 m. ü.M. hinauf. Statt Autos versperren  nur ab und zu Ziegen- und Schafherden die Strasse. Auf der Passhöhe wird der Blick auf die mazedonische Tiefebene frei, im Dunst am Horizont kann ich das Meer vermuten. Fast 20 Kilometer Abfahrt bis zu dem auf einem Plateau über der endlosen Küstenebene auf nur noch 80 m.ü.M. liegenden Veroia hinunter  lassen die Mühen des Aufstiegs schnell vergessen! Der Apostel Paulas, der gemäss einer schönen Gedenkstätte  um 50 n.Chr. auch hierher gekommen sei, dürfte wohl nicht so locker gereist sein. Nach kurzem Stadtrundgang entscheide ich mich mit Blick hinunter, soweit als möglich auf Nebenstrassen gegen Thessaloniki zu fahren. Landschaftlich zwar schön, aber ich büsse diesen Entscheid mit einer längeren Irrfahrt durch die endlosen Felder mit Bewässerungskanälen. Die Wegweiser in griechischer Schrift zeigen kaum je einen Namen, der mit den lateinisch geschriebenen in meiner Karte übereinstimmen könnte, und unterwegs treffe ich fast ausnahmslos nur griechisch sprechende Bauern. Dafür sehe ich viele unbekannte Pflanzen und auch erstmals, wie Baumwolle wächst. Kurz vor 18 Uhr erreiche ich doch müde die westlichen Quartiere dieser zweitgrössten griechischen Stadt und innert einer Halben Stunde im dichten Abendverkehr mit endlosen Staus das Stadtzentrum. Im Hotel „Kastoria“ buche ich für 45 Euro 2 Nächte in einem sehr einfachen Zimmer mit WC und Dusche, aber Fenster nur auf einen kleinen Lichtschacht –  bescheiden, aber dafür im Zentrum und bestens geeignet, um noch 2 Tage lang die Stadt zu besichtigen und die Heimreise vorzubereiten. Und ein Spaziergang inmitten fröhlicher Familien und Touristen aus aller Welt über den festlich wirkenden nächtlichen Aristoteles-Platz mit seinen Lichterspielen, Palästen, Luxus-Restaurants und Imbiss-Ständen ist ein Fest für alle Sinne.

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26 – 27. September     Thessaloniki                 ( Besichtigungen )

Nach der ersten Nacht weiss ich: Ich brauche ein richtiges Fenster und muss unbedingt das Zimmer wechseln! Das klappt denn auch im gleichen Hotel, aber dafür habe ich nur noch WC und Dusche auf dem Korridor. Damit kann ich leben.
Wie immer am Ende einer Tour mache ich mich zuerst auf die Suche nach einem Velokarton für den Heimflug. Das ist hier deutlich schwieriger als an jedem bisherigen Endpunkt meiner Reisen. Bei einem Motorrad-Händler entdecke ich schliesslich auf der Strasse doch noch einige grosse Kartonflächen, die er zum Entsorgen bereit gestellt hat. Im Werkzeug- und Haushaltwarengeschäft unter dem Hotel kaufe ich mir noch 200 m (!) festes Klebband und kann so am folgenden Tag mitten in der Hotelhalle in einer fast 3-stündigen Operation  mit Schneiden und Kleben mein Fahrrad transportfertig und flugsicher verpacken.

An beiden Tagen bleibt trotzdem noch viel Zeit, verschiedene Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Am

Velo-Kunst

Velo-Kunst

ersten Tag ist zwar gerade Generalstreik mit Demonstrationszügen und Versammlungen auf den wichtigsten Plätzen des Zentrums. Der Verkehr ist überall blockiert, aber trotzdem sind sehr viele Geschäfte offen, weil sie sich die Schliessung ganz einfach nicht leisten können. Und viele Sehenswürdigkeiten sind auch zu Fuss sehr gut zu erreichen. Neben vielen Zeugen der griechischen, römischen, byzantinischen, venezianischen und osmanischen Perioden sowie  eindrücklichen Kirchen  sind es auch die stillen Seitengassen, die Parks und die grosszügige Meerespromenade. Zum Ausruhen dazwischen eine kleine Rundfahrt mit einem nachgebauten historischen Segler, ein Imbiss in einer kleinen Quartier-Beiz oder eine Siesta vor der Burganlage („Akropolis) mit Aussicht über die Stadt oder beim beim „weissen Turm“ am Meer.
Unter den Heerscharen von Touristen fallen als grosse Gruppen vor allem die Russen (Neureiche?), die Türken (eigentlich erstaunlich angesichts der traditionellen Feindschaft!) und die Israelis auf. Letzteres beruht auf der Vergangenheit, als die Stadt mit ihrer grossen jüdischen Bevölkerung als „Zweites Jerusalem“ galt. Die deutsche Besetzung im 2. Weltkrieg setzte dieser Tradition dann ein tragisches Ende.
Am zweiten Abend lerne ich bei einem soeben erschienen neuen Dokumentarfilm (zum Glück auch in englisch!) die tragische Geschichte des griechischen Exodus aus der Türkei nach dem Ende des 1. Weltkrieges kennen. Eine weitere „Horizont-Erweiterung“ auf dieser Reise . . .

28. September     Thessaoliniki – Zürich                (Heimflug )

fertig für den Heimflug

fertig für den Heimflug

Mein SWISS-Flug nach Zürich startet bereits um 04.50, eine Stund früher muss ich einchecken. Also muss ich bereits am
späten Vorabend zum Flugplatz. Mein bestelltes Taxi wartet um 23.Uhr vor dem Hotel, das Velo geht mit etwas Drücken knapp auf den Hintersitz. Der Chauffeur schimpft unterwegs herzhaft auf die griechischen Politiker, die teure Militärausrüstung kaufen und sich selbst bereichern anstatt für das Volk zu schauen. Nach 20 Minuten sind wir am Flughafen, 25 Euro kostet das Ganze. Ich döse auf einer Bank vor mich hin bis ich um vier Uhr früh einchecken und zur angesagten Zeit pünktlich Richtung Schweiz starten kann.

eine Bilanz ?                    ganz einfach:

  • unzählige neue Eindrücke und Erfahrungen, die ein Bericht höchstens ansatzweise wiedergeben kann, die auch ich noch verarbeiten muss
  • Zufriedenheit und Dankbarkeit für die vielen interessanten Begegnungen unterwegs, für die vielen freundlichen und hilfsbereiten Menschen, für das Ausbleiben von Krankheit oder Unfall, für das reibungslose Gelingen dieser auch sportlich anspruchsvollen Tour
  • ein tolles Erlebnis, das ich auch jederzeit wiederholen würde (wenn die Zeit reichte …) und anderen weiter empfehlen möchte
  • . . . und die Hoffnung, auch in den kommenden Jahren auf diese Art reisen und  Unbekanntes  entdecken zu dürfen !

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